Die fünf Elemente in der TCM
Die Natur ist im ständigen Wandel, so sieht man es im Tagesverlauf oder in den Jahreszeiten. Auch unser Körper unterliegt Wandlungen, die sich nach bestimmten natürlichen Rhythmen vollziehen: von der Geburt bis zum Tod befindet sich alles im Wandel.
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) erklärt diese Wandlungen in der Natur und im Körper mit den fünf Wandlungsphasen, manchmal auch unter dem Begriff „Elemente“ zu finden: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Aus einem Element geht das nächste hervor. Durch die Wandlungen wird ein freier Fluß der Lebensenergie Qi gewährleistet.
Fließt die Energie frei und sanft, kann sich der Wandel von einer in die nächste Phase natürlich vollziehen und der Mensch bleibt gesund. Ist dagegen der Fluss des Qi blockiert, entweder durch einen Stau oder einen Mangel an Qi, kann der Wandel im natürlichen Rhythmus nicht stattfinden und der Mensch wird krank.
Wandlungsphase Holz
Qualitäten von Holz in der Natur spiegelt der Frühling, das Wachsen der Bäume und anderer Pflanzen wider. Hier wächst das Yang, alles ist frisch und voller Kraft. Die Farbe Grün und der saure Geschmack sind dieser Wandlungsphase zugeordnet. Daher sind in der chinesischen Diäthetik grüne Lebensmittel wie Petersilie, Sprossen und solche mit saurem Geschmack wie Zitronen, Sauerkirschen, Johannisbeeren dem Holz zugeordnet und stärken dieses. Die Kraft des Holzes ist für Wachstum nötig. Um aufzubrechen, braucht es Entschlußkraft, Selbstbehauptung und eine Vision, denn nur wer sein Ziel kennt, kann auch handeln. Beim Menschen ist es die Zeit des Heranwachsens: die Kindheit und Jugend. Holzbetonte Menschen lieben die Bewegung, sind durchsetzungsstark und machen häufig neue Pläne, sind phantasievoll und reisen gern. Die Organe Leber und Gallenblase sind dieser Wandlungsphase zugeordnet, ebenso wie die Sehnen und Muskeln sowie als Sinnesorgan die Augen. Die Leber sorgt für einen harmonischen Fluß der Lebensenergie Qi und speichert das Blut in der Nacht. Als Emotion ist die Wut der Leber zugeordnet. Auch in unseren Kulturkreisen kennen wir den Ausdruck: „einem ist eine Laus über die Leber gelaufen“. Dabei schwächt sowohl ein Wutausbruch die Leber, aber auch unterdrückter Ärger und Groll führt zu einem Qi-Stau, was sich in Symptomen wie Kopfschmerzen, angespannter Muskulatur und bei längerem Bestehen auch in ernsten Krankheiten äußern kann. Bei den Frauen zählt das prämenstruelle Syndrom zu den typischen Holzkrankheiten. Ein Qi-Stau läßt sich am effektivsten durch körperliche Bewegung lösen; leider greifen viele Menschen eher zum Alkohol, um diesen Stau aufzulösen.
Wandlungsphase Feuer
Feuer wird mit dem Sommer, der Mitte des Tages und der Farbe rot assoziiert. Das Yang hat hier seinen Höhepunkt. Beim Menschen ist dies die Zeit des Erwachsenseins. Die Organe Herz und Dünndarm sind dem Feuer zugeordnet, daneben die Blutgefäße und als Sinnesorgan die Zunge, weshalb Sprechprobleme wie Stottern meist mit einer Störung dieser Wandlungsphase einhergehen. Der bittere Geschmack ist in der chinesischen Ernährungslehre dieser Wandlungsphase zugeordnet, so gehören etwa Artischocken, Rosmarin, Chicoree oder Rosenkohl zum Feuerelement. Die zugeordnete Emotion ist die Freude, das Lachen, leidenschaftliches Verliebtsein und die Ekstase. Störungen dieser Wandlungsphase zeigen sich u.a. auf emotionaler Ebene wie etwa bei Manie oder Fanatismus bei einem zu starken auflodernden Feuerelement oder auf der anderen Seite bei einem zu schwachen Feuerelement in mangelnder Begeisterungsfähigkeit bis hin zum Fehlen von Lebensfreude. Schlafprobleme können ihre Ursache in einer Dysharmonie im Feuerelement haben. Bei (unglücklichem) Verliebtsein kommt es oft zu Symptomen wie Herzrasen oder Schlaflosigkeit. Der Geist Shen hat seinen Sitz im Herzen und das Herz regiert alle anderen Emotionen.
Wandlungsphase Erde
Die Erde entspricht dem Spätsommer, der Zeit der Ernte und Reife und der Farbe gelb. Zum Teil werden aber auch alle Übergangszeiten wie Spätfrühling, Spätsommer der Erde zugeordnet oder sie wird in die Mitte gestellt, wo Yin und Yang in Harmonie sind. Menschen mit starker Erdenergie hören gelassen auf ihr Bauchgefühl, sind einfühlsam, meist sehr bodenständig und kümmern sich um ihre Mitmenschen, bekochen andere gern. Oft haben sie den Drang, es allen recht machen zu wollen. Die korrespondierenden Organe sind Magen und Milz, wobei in der TCM auch der Pankreas der Milz zugeordnet wird und ihr somit eine größere Rolle zukommt als in der westlichen Medizin: es geht um die Verdauung von Nahrung und das Aufschließen in die Grundsubstanzen, was wir Verdauung und Stoffwechsel nennen und wodurch dem Körper alle Nährstoffe und Energie zur Verfügung gestellt wird. Aber auch auf geistiger Ebene übt insbesondere die Milz eine wichtige „Verdauungsfunktion“ aus. Grübeln, Gedankenkreisen aber auch ein Zuviel an geistiger Arbeit wie beim Lernen führt oft zu einer Milzschwäche, die zu einer allgemeinen Qi-Schwäche führen und letztlich zu Verschlackung und Stoffwechselproblemen führen kann, was sich u.a. in Müdigkeit zeigt. Deshalb ist immer eine Balance zwischen geistiger Arbeit und Entspannung wichtig, um ein harmonisches Gleichgewicht zu erhalten und neue Kraft zu schöpfen. Aber auch eine falsche Ernährung kann die Mitte aus dem Gleichgewicht bringen. Der süße Geschmack entspricht der Wandlungsphase Erde und so sind Nahrungsmittel wie Karotten, Kürbis, Datteln, viele Nüsse, einige Fleischsorten wie Rindfleisch oder Pflaumen der Erde zugeordnet. Heißhunger auf Süßes wiederum zeigt eine Schwäche der Erdenergie an und Zucker schwächt die Milz umsomehr und führt zu Feuchtigkeitsansammlungen und blockiert die Erde. Aber auch die heutzutage oft in der westlichen Ernährungslehre propagierte gesunde Ernährung mit viel Rohkost und Südfrüchten ist aus chinesischer Sicht gerade für Menschen mit einer bereits vorliegenden Milzschwäche alles andere als gesund und schwächt häufig die Milz noch mehr, was sich u.a. in Verdauungsschwäche, Blähungen oder Ödemen zeigen kann. Sowohl Über- als auch Untergewicht haben ihre Wurzeln oft in einer Störung der Wandlungsphase Erde und können über eine Harmonisierung dieser behandelt werden. In der chinesischen Medizin wird wiederum auf der Ebene der Ernährung klar, daß es keine pauschalen Ratschläge geben kann, die für jeden Menschen gelten, sondern der einzelne Mensch mit seinem energetischen Muster individuell betrachtet werden muß und auch die Jahreszeit und Tageszeit eine große Rolle für die optimale Nahrungsauswahl spielt. So kann für einen Menschen mit genug Verdauungsfeuer v.a. im Sommer durchaus eine Ernährung mit viel Rohkost optimal sein, während im Winter wärmende Gewürze wie Zimt, Ingwer oder Chili und mehr gedünstetes Gemüse statt Rohkost optimal ist. Aber auch hier gilt, es gibt keine pauschalen Aussagen und die Konstitution des einzelnen Menschen muß betrachtet werden.
Wandlungsphase Metall
Dies ist die Phase des Herbstes, des Verfalls und der Trockenheit. Das Yin gewinnt zunehmend an Einfluß. Als Organe sind Lunge und Dickdarm dem Metall zugeordnet. Die Lunge kontrolliert die Körperoberfläche z.B. die Poren und hat einen engen Bezug zur Abwehrenergie WeiQi, die an der Körperoberfläche zirkuliert und das Eindringen äußerer Pathogene wie Wind oder Kälte verhindert. Vergleichbar ist dies mit dem Immunsystem. Hauterkrankungen liegen oft einer Störung dieser Wandlungsphase zugrunde. Das zugehörige Sinnesorgan ist die Nase, der Dickdarmmeridian endet auch an der Nase. Schnupfen und Nasennebenhöhlenerkrankungen hängen oft mit einer Störung des Metallelements zusammen. Aber auch Allergien zählen zu den typischen Krankheiten bei Störung des Metallelementes. Der scharfe Geschmack wie z.B. Rettich, Ingwer oder Chili ist dem Metall zugehörig. Die assoziierte Emotion ist die Trauer und die Fähigkeit, loszulassen. Daher ist es verständlich, daß zu viel Trauer die Lunge schädigt. Insbesondere Atemübungen und Bewegung an frischer Luft stärken das Metallelement. Metallbetonte Menschen wirken oft verschlossen oder schüchtern und suchen die Abgrenzung. Klarheit und eine geordnete Struktur ist ihnen sehr wichtig, sie denken analytisch und verfügen über eine präzise Klugheit.
Wandlungsphase Wasser
Wasser entspricht in der Natur dem Winter, einer Ruhepause und Regeneration. Im menschlichen Leben ist dies die Phase des hohen Alters, des Innehaltens und Abschiednehmens. Hier ist die Yin-Kraft am stärksten. Oberflächlich erscheint alles kalt und starr, aber in den Wurzeln und Samen wird schon die Kraft für den Neubeginn vorbereitet. Neben dem Tod sind aber auch der Überlebenswille und die Fortpflanzung eng mit der Wasserenergie verknüpft. Wasserbetonte Menschen haben oft einen unersättlichen Sexualtrieb. Die vorgeburtliche Essenz, d.h. alles, was wir bei unserer Geburt an Eigenschaften, Fähigkeiten und Erbanlagen mit auf die Welt bringen, ist gespeichert in den Nieren und wird von den Eltern auf das Neugeborene bei der Vereinigung von Ei- und Samenzelle weitergegeben. Wichtigstes Gebot ist es, die vorgeburtliche Essenz zu bewahren, denn ist sie verbraucht, so stirbt der Mensch. Ein Zeichen von abnehmender Essenz ist beispielsweise ergrauendes Haar. Durch eine ausgewogene Lebensweise kann man diese Energie bewahren. Zu viel Streß, Exzesse, Traumata oder Schicksalsschläge dagegen können das Leben verkürzen. Die zugeordneten Organe sind die Nieren und Blase. Die Emotion, die zum Wasser zählt, ist die Angst mehr im Sinne von existentieller Angst. So existiert auch in unserem Kulturkreis der Spruch „das geht mir an die Nieren“. Die zugehörigen Sinnesorgane sind die Ohren, weshalb Ohrenerkrankungen wie Schwerhörigkeit oder Tinnitus oft, wenn auch nicht ausschließlich, im höheren Alter auftreten und eine Störung dieser Wandlungsphase als Ursache haben. Weiterhin werden die Knochen, Zähne und das Nervensystem dem Wasser zugeordnet. Weitere typische Krankheiten des Wasserelements sind Gedächtnisverlust, Unfruchtbarkeit, Drogensucht und angeborene Erbkrankheiten. Der äußere pathogene Faktor, der die Nieren und Blase am meisten schädigt, ist die Kälte. Der salzige Geschmack entspricht dem Wasser, aber auch Fisch oder Algen zählen aus Sicht der Diäthetik zur Wandlungsphase Wasser.
© Dr. rer. nat. Anne-Kathrin Ziebandt 2011
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